Claude, der Cineast, Gast zwischen allen Schienen des Universums ...
Vereint im Himmelbett
Was trieben Lothar de Maiziäre mit Greta Garbo? Und was hat Claude mit dieser ganzen Scheiße zu tun?
Was soll ich tun, Berlin ist immer noch regnerisch, heute, am 25. April im Jahr domini 1990. Die jüngst verstorbene Greta Garbo war, so sagt man, damals eine Schönheit. Damals, in den Zwanzigern – bis sie sich mit etwa dreißig Jahren zurückzog und von da an bis zu ihrem Tod in völliger Zurückgezogenheit lebte, um nicht zu sagen: vegetierte im Schatten ihres Fleisches. Sie blieb so auf sich selbst eingeschworen, um den Menschen, die sie bis dahin bewundert hatten, nicht den Mythos zu rauben, den Glauben an eine unübertroffene Schönheit. Ganz im Gegensatz dazu Lothar De Maiziäre, ein schmalschultriges, schnauzbärtiges Männlein, ein Rumpelstilzchen deutscher Nation christlichen Glaubens, das, obzwar nicht aus Hollywood, so doch aber aus dem bereits versumpften Honiwood auftauchte, hervorschoß, um unser aller verdroschnen Geist in mühseliger Arbeit zu hochfliegenden Gedanken zu verspinnen. Wenn auch dies Bild nicht stimmig ist – was machts?
Nur eins steht fest: Die Japaner kommen. Und die Russen gehen. Ein Kommen und Gehen. Willkommen und Abschied. Noch geben sich die Abteilungsleiter der volkseigenen Betriebe bei den westlichen Firmen die Klinke in die Hand, um nach erfolgter Übernahme der volkseigenen Betriebe durch die westlichen Firmen zumindest noch einen Arbeitsplatz als Aufsichtsrat über die betriebseigenen Zigarettenautomaten und Kondomspender abzukriegen. Währenddessen die Chefs der japanischen Multies mit ihren Stäbchen galant ein Häppchen rohen Fisches zum Munde führen und nach beendetem Mahl ihre Philosophie über den Zusammenhang von Essen und Arbeit den anwesenden Journalisten unterbreiten: Daß nämlich ein Mensch, der den Tag über nur immerfort Hamburger in sich hineinstopft, außerstande ist, einen Sinn für Präzision, wie er bei der Montage eines Mikrochips vonnöten ist, aufzubringen. Das Geheimnis wirtschaftlichen Erfolges, so die bebrillten Chefsekretärinnen, liege in der Sauberkeit am Arbeitsplatz und in der Kantine der Firma, weshalb auf das Abschmecken der Gerichte mit Sojasoße und Pfeffer während des Mittagessens besser zu verzichten sei.
Wie anders greint es aus dem Munde unserer zukünftigen Beaufsichtiger der kondomspuckenden Automaten, die auf die wirtschaftsfördernde Potenz des hereinbrechenden AIDS-Zeitalters setzen. Immerhin ist auch Herr De Maiziäre der Meinung, man solle wieder enger unter einer Decke zusammenkriechen, was ihm der Teufel, der nach Auskunft De Maiziäres im Detail steckt, wohl selbst eingeflüstert hat. Denn vom Teufel geritten muß ein Machtpolitiker ja sein, der sein eigenes Aus, sein Verschwinden von der politischen Bühne, so gewissenhaft vorbereitet. Und wer will bestreiten, daß Herr De Maiziäre ein mächtiger Politiker ist?
Man unterstütze und pressiere also die nun Regierenden, auf daß sie ihre Staatsgeschäfte ordentlich verrichten, denn sie vertreten die Interessen des kleinen Mannes (und der kleinen Frau!). Sie beabsichtigen keinesfalls ihr Volk zu verraten, wie linke Klagelieder behaupten, sondern klären es, ganz ihrem christlichen Selbstverständnis folgend, darüber auf, daß der zukünftige Wohlstand nur zu erringen ist, wenn in der 3.Welt noch ein paar hunderttausend Kindlein mehr verhungern, daß, wenn alle Menschen auf deutschen Wohlstand Anspruch erhöben, die Welt innerhalb zweier Tage zugrunde ginge. Doch warum eigentlich nicht?
Wie Greta Garbo, die "Göttliche", wird De Maiziäre sich schon bald aus der dann nicht mehr existenten Volkskammer in seine eigenen vier Wände, umgeben von gediegenem Mobiliar, zurückziehen, um am Knöchlein aus fetteren Tagen ein wenig noch herumzuknabbern und schließlich der Idee vom Mythos "Lothar de Maiziäre an der Spitze der DDR" zu verfallen. Wir verneigen uns vor Greta Garbo, die sich stets an erster Stelle genannt wissen wollte, vor Lothar de Maiziäre, vor Pfarrer Eppelmann, vor den "Nelken" und Gott. Und Beate Uhse. Straps ab! Und Claude an!
© Asteris Kutulas, 1990
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