Elli, Sängerin, in Astoria New York aufgewachsen, zur Zeit in Athen, wirr zwischen zu früh und zu spät ... Atme jetzt ...
Die Lieder von Elli Paspala
ASTORIA
Musik: Stamos Semsis, Text: Vassilis Nikaolaidis
Die Welle, die hereinschwappte und weiterrollte,
ließ sie hier zurück.
Wann sie herkamen,
vergaßen sie.
Sie schaun auf das Leben zurück.
Bevor ganz Amerika ihr Zuhause werden konnte,
fanden sie einen Flecken Erde,
genau in der Mitte, ein großes Stück Land,
eine Stadt-Insel.
Jetzt sind sie weder da noch dort angekommen,
sondern sie blieben mittendrin – Astoria.
Alle Welt zieht vorbei,
für die sind sie verloren,
wohin es geht,
vergaßen sie.
Sie schaun auf das Leben zurück.
Stille, zerbrochen in zwei Teile, fremde Sprache,
genau in der Mitte geteilt, wie ein Familienname,
der verlorenging.
Nur dessen eine Hälfte gibt’s dort noch,
klanglos, unscheinbar und bedeutungslos.
Auf allen Feiern stoßen sie an
auf eure Gesundheit,
sie schreiben Briefe wie Gebete
und fragen nach euren Wünschen.
Wer ist weggezogen? Wohin?
Wer weiß, wie es ihm geht?
PARALLELBIOGRAFIEN
Musik: Stamos Semsis, Text: Vassilis Nikaolaidis
Sie reden hüben, und er lauscht –
und lächelt.
Sie reden drüben, und er lauscht –
die Wände haben Ohren.
Eines Tags begegneten sie sich im Fahrstuhl,
er sagte „Hallo“ – sonst nichts.
Er sah sie nur dieses eine Mal.
Sie liefen sich nie wieder über den Weg,
aber er hört sie noch ...
Jeden Morgen, wenn sie aufstehn,
hört er sie reden;
sie gehn weg, kommen zurück –
auch er kommt zurück.
Er weiß, wohin sie abends gehn
und hat Durst, wenn sie Durst haben,
und wenn er sie lachen hört,
lacht auch er.
Sie reden, und er hört zu
und lächelt.
Hüben und drüben reden sie und er hört zu,
die Wände haben Ohren.
Von Balkon zu Balkon wünscht man sich „Guten Abend“,
dann verschwindet jeder in seinen vier Wänden.
Plötzlich sind sie weggezogen,
er kann sich kaum noch an sie erinnern,
aber er hört sie noch ...
MEIN HELLWEISSER JASMIN
Musik: Panajotis Kalatzopoulos, Text: Michalis Ganas
Es sind Augenblicke, da ohne Grund
etwas tief im Körper feiert,
und du erblickst das Licht noch einmal,
als wärst du jahrelang blind gewesen,
und ein warmer Wind,
beladen mit Jasmin,
bläst – dass dir’s Tränen in die Augen treibt.
Es sind Momente, da ich nicht weiß, warum
etwas in tiefer Nacht versinkt und trauert,
und keiner kann’s einem dann recht machen,
und wie du so nach etwas Weißem
suchst, daran Halt zu finden,
scheint in der Dunkelheit
der Jasmin auf wie ein Stern.
Mein hellweißer Jasmin, versink nicht in Nacht.
Es sind Momente, da – ich weiß nicht, wieso –
eine fremde Stimme in mir zittert,
die mich an Augenblicke erinnert
meines bisherigen Lebens.
Und ein warmer Wind,
beladen mit Jasmin,
bläst – und treibt mir Tränen in die Augen.
ICH LIEBE DICH
Musik: Panajotis Kalatzopoulos, Text: Michalis Ganas
Ich liebe dich mit dem Körper, ohne nachzudenken,
mit dem Blau und dem Schwarz des Himmels,
ich liebe dich mit der Furcht vor Leere,
ich liebe dich.
Ich liebe dich wie ein Mädchen so sanft,
als wär’s mein erstes Mal,
ich liebe dich wütend und hart,
ich liebe dich, auch wenn ich weiß,
daß mir das nichts Gutes einbringt.
Und ich fürchte, in den Nächten, in denen ich nicht schlafen kann,
daß ich mich eines Tages vielleicht nicht mehr an dich erinnern werd.
Ich liebe dich auf die Art, die ich beherrsche,
mit demselben Durst, mit dem ich Wasser trink,
ich liebe dich mit allem, was ich besitze und auf dem Leib hab.
Und ich fürchte, während du neben mir schläfst,
daß du dich vielleicht eines Tages nicht mehr an mich erinnern wirst.
DER EINMINUTENKUSS
Musik: Panajotis Kalatzopoulos, Text: Michalis Ganas
Nimm mich heut mit
– auf zwei Flügeln, mit einem Kuß,
auf einem fliegenden Teppich,
die Welt einmal von oben zu sehn
und tief unten die Sterne.
Halt mich heute
an meinem gebrochenen Flügel
bei unserm letzten Tanz,
daß ich in seinen Kreisen mich löse wie ein Knoten
und mich herrlich betäube.
Die Liebe, meine Liebe,
ist ein verwundeter Vogel.
Könnte doch für uns zwei das ganze Heute
dauern so lang wie der Einminuten-Kuß,
heute, nimm mich.
Ach, meine Seele, Zauberin,
und seufzendes Herz,
meine Füße fingen Feuer,
ich will rennen, tanzen, dir sagen:
ich lieb dich noch.
Heute nimm mich.
FÜR’S AN-DIE-LIEBE-GEWÖHNTEN
Musik: Panajotis Kalatzopoulos, Text: Aris Davarakis
Für's An-die-Liebe-Gewöhnen trag ich ein enges Kleid
kurz bevor es Abend wird.
Ein Kleid mit Dekolleté, das mich nie verraten hat
und das du nie vergessen hast.
Für's An-die-Liebe-Gewöhnen zwei Tropfen Joy von Patou,
ich verreib sie um meinen Nabel, überall Freude zu verströmen –
nicht nur allein bei dir.
Für's An-die-Liebe-Gewöhnen öffne ich eine Rotweinflasche,
trink aber keinen einzigen Schluck.
Ich öffne eine Flasche Rotwein, weil du sie ausgewählt hast,
und ich vergeh, vergeh, vergeh ...
MAROKKO
Musik: Stamatis Kraounakis, Text: Lina Nikolakopoulou
Ich sehne mich danach, eine Nacht in Marokko zu sein
Mit Palmen und Düften, mit Feuer in den Farben
Eine mondlose Nacht, Nacht mit loderndem Mond
Schwarze Seide tragen, das Wasser färben
Nur eine Nacht schenk mir
Danach flöß mir Gift ein, wenn du willst
Nur eine Nacht schenk mir
Vor deinen Augen will ich erstrahlen
In einer Nacht wie dieser
Verlang ich Tod und Beginn von dir
Eine Nacht in Benghazi – und ein Foto von mir wird geschossen
Ich – im Licht eines Schiffs, in den Armen des Jungen
Eine Nacht mit einem verlornen und fremden Lied
Und wenn die Sterne Feuer fangen, fallen sie ins Herz
LIEB MICH
Musik & Text: George Andreou
Ich hab vieles gesehn und noch viel mehr
im Leben, das reist.
Auch sagte ich: „Ich liebe dich“ –
welch lustvoller Schmerz; doch eine Lügnerin wurde aus mir
und so fing ich wieder an: „Mir steht’s bis hier,
lieber leb ich allein, auch wenn ich dafür bluten muß“,
noch bevor ich wieder genesen war,
kamst du.
Lieb mich, sei gut zu mir,
lieb mich, verurteile mich nicht.
Sei ein kleiner Gott.
Wenn du mich ißt und mich trinkst,
lieb mich, sei ein Kind,
lieb mich wie dein Leben.
Sei Feuer, sei Regen,
so wie du Körper bist, sei auch Seele.
Ich hab vieles gesehn und noch viel mehr
im Leben, das einem den Kopf verdreht.
Um mein Glück zu finden,
zündete ich an die Sterne der Reise -
hartes Schicksal, wildes Licht;
sie verbargen ihre Helle – verlorener Tag.
Ein Ufer such ich, such eine Insel -
und dabei warst du’s, all das warst du mir.
MACH AUF, DENN ICH HALT’S NICHT AUS
Musik: Jannis Papaioannou, Text: Charalambos Vassiliadis
Das Fenster verschlossen,
verriegelt, dunkel,
sag mir, warum machst du’s nicht auf,
daß Licht reinkommt und ich dich seh.
Öffne endlich, mach auf, denn ich halt’s nicht länger aus,
es reicht, du hast mich genug gequält.
Ich steh mir die Beine in den Bauch, draußen im Morgennebel,
um stundenlang für dich zu singen,
mein Herz schlägt Flammen,
aber du kommst nicht raus, läßt dich bei mir nicht sehn.
TSIFTETELI
Musik & Text: Stamatis Kraounakis
Mit den Liebschaften ist’s schon vorbei,
bevor sie richtig begannen,
und die Freunde wurden älter,
bevor sie was von Bedeutung sagten.
Und mich, der bei dir blieb,
erträgst du nicht länger.
Ich bin nur gut für Spaziergänge, wenn dir grad danach ist.
Welche Beweise verlangst du von mir,
du liebst mich nicht,
und ich – ich bettle um eine Gnadenfrist.
Dieses Zusammensein hat mich irre gemacht,
ich hab ’ne Menge
hinter mir.
In der Nacht, in der ich dich verließ,
liebte ich dich noch.
Die Treppe ging ich hinunter und streute,
streute meine Liebe auf deine Treppenstufen –
das, was geblieben war von deiner Umarmung.
Ich und du – in Adams Verbannung.
MONDLOSE NACHT
Musik & Text: Apostolos Kaldaras
Es ist mondlose Nacht
und die Dunkelheit tief;
und doch kann der junge Mann
nicht schlafen.
Was wartet er
die ganze Nacht, bis der Tag anbricht,
wartet am schmalen Fenster,
durch das Licht in die Zelle fällt?
Eine Tür geht auf und geht zu,
doch vor der seinen ist doppelt das Schloß;
was hat der Junge nur getan,
daß sie ihn ins Gefängnis warfen?
Die Tür geht auf, die Tür geht zu
mit lautem Kreischen;
ich wollt, ich könnt erfahren,
was des Jungen Herz ersehnt.
© Übertragen aus dem Griechischen von Asteris & Ina Kutulas
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